Alles Pallotti?

„Wir sind alle verpflichtet, uns gegenseitig zu helfen,
den Himmel zu erlangen.“

Vinzenz Pallotti

Bedürftige helfen Bedürftigen

Der Name: ‚Pallotti-Mobil‘ geht auf Vinzenz Pallotti zurück, der bis Mitte des 19. Jahrhunderts als Priester in Rom wirkte. Obwohl kränklich, war Pallotti so mobil, war so unermüdlich für die Menschen auf den Straßen Roms unterwegs, dass seine Schuhe schließlich ganz durchgelaufen waren.

Gott, die unendliche Liebe

Vinzenz Pallotti (1795-1850) war überzeugt, dass Gott überströmende unendliche Liebe ist. Er wollte diese heilende Kraft allen Menschen erfahrbar machen: den Armen in Rom, den Kranken, den Waisenkindern, den Gefangenen, ja allen Menschen auf der ganzen Welt. Gleichzeitig lehrte Pallotti an kirchlichen Hochschulen und war zeitweise Beichtvater des Papstes.

„Die Leute haben Pallotti erlebt und gemerkt, der lebt in und aus einer anderen Dimension, er hat eine Nähe zu Gott“, sagt Kalle Lenz, Vorstandsmitglied von Pallotti-Mobil e. V., Pallottiner und Pfarrer in der Pfarrei Heilige Drei Könige Nord-Neukölln.

Vinzenz Pallotti, gemalt
von Oskar Kokoschka

Entdeckt in Neukölln

Vinzenz Pallotti war unermüdlich.
Seine ausgetretenen Schuhe stehen heute noch für die Tatkraft des Heiligen

“MODELLUM NOSTRUM CHRISTUS EST”

In allen unseren Handlungen sollten wir uns
Jesus Christus als unser Vorbild vor Augen halten.

Vinzenz Pallotti

Vinzenz Pallotti betonte immer wieder, dass das Leben Jesu Christi unsere Regel als Gemeinschaft sei, das „Modell“. Mehr braucht es nicht, um im Glauben nach innen überzeugend und nach außen inspirierend zu leben. Christus in die Mitte zu stellen bedeutet ein neues Menschsein. Menschwerdung, die von Gott her empfängt und inmitten der Welt auf Gott hin lebt. Mein Leben gelingt, je mehr ich mich für diese Transformation öffne, Christus immer ähnlicher zu werden.
Deshalb hat Pallotti uns heute etwas zu sagen.
2016 machte sich die Berliner Künstlerin Christine Kriegerowski mit einem Zyklus von Grafiken “Auf die Suche nach einem Heiligen“. Mit Hilfe des nebenstehenden Videos können Sie mit auf Entdeckungsreise gehen.

Universales Apostolat

Pallotti lebte in turbulenten Zeiten, die geprägt waren von den Umwälzungen der französischen Revolution, von einer Cholera-Epidemie, von großer sozialer Ungleichheit und spiritueller Orientierungslosigkeit. Pallotti und die Seinen waren zur Glaubensverbreitung und -vertiefung angetreten. 1835 etablierten sich die betenden, tatkräftigen Frauen und Männern zur „Vereinigung des Katholischen Apostolates (UAC)“. Die revolutionäre Idee dahinter: Nicht nur Kleriker, sondern alle Menschen sind von Gott aufgerufen, die gute Botschaft von der Liebe Gottes an andere weiterzugeben und an je ihrem Platz zu leben. Er war kein Einzelkämpfer: Pallotti scharte gleichgesinnte Frauen und Männer aus allen Schichten um sich. Sie kümmerten sich um Bedürftige, sorgten zum Beispiel dafür, dass Arme Lebensmittelgutscheine erhielten Nach der Cholera-Epidemie 1837 gründeten ein Heim für Waisenkinder und eine Abendschule für junge Frauen.


In der Revolution 1848/49 musste sich Pallotti mehrere Monate versteckt halten, da er als papsttreu galt. In dieser Zeit verfasste der Gottsucher ein Buch: „Gott, die unendliche Liebe“. Pallotti wurde einmal von einem Kranken beschimpft, der Priester hasste. ER wollte sich trotzdem um ihn kümmern. Also ging Pallotti hinaus und kehrte bald unerkannt zurück: Im Outfit einer Krankenschwester und mit etwas höher Stimme. Liebe macht eben erfinderisch.


Seit 1993 lebt und arbeitet eine Pallottinische Gemeinschaft aus Frauen und Männern hier in St. Christophorus zusammen. Nach 10 Jahren hat sich darüber hinaus mit „Movimento Pallotti – eine Hand voll Leben“ die Gemeinschaft vergrößert und ein Freundeskreis gebildet. Die Pallottinische Gemeinschaft Berlin startete 1993 als Experiment und galt als Reformprojekt. In und mit der Gemeinde St. Christophorus sollte versucht werden, die Verbindung von übergemeindlichen, sozialen Projekten und traditioneller Gemeindeseelsorge herzustellen. Motto: „Kirche im sozialen Brennpunkt“. Es gab viel Zuspruch und auch Zweifel. War die Verbindung „Projekt“ und „Gemeinde“ für die einen ein riskantes, chaotisches Unterfangen, so begeisterte es die anderen, die darin die Umsetzung des Traumes von einer lebendigen Kirche sahen.


Kalle Lenz SAC und Lissy Eichert UAC sind von Anfang an dabei. Von ihnen stammt die Idee und der Name von Pallotti-Mobil e. V. Bis heute laufen Projektentwicklung und Seelsorge im Team und in Rücksprache mit Verantwortlichen aus St. Christophorus. Gemeinsam wird versucht, Reich Gottes für Nord-Neukölln und in der Pfarrei Heilige Drei Könige zu gestalten. Das zu tun, was den Menschen dient und Gott freut. Pallotti-Mobil und die Gemeinde haben ihre gute Kooperation, mittlerweile vertraglich geregelt. Aktuell ist Lissy Eichert Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins. Die Pastoralreferentin ist auch Mitglied im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e. V.; seit 2015 ist sie im ARD-Team der Sprecher:innen für ‚Das Wort zum Sonntag‘. Kalle Lenz tritt immer wieder als Kirchenkabarettist auf. Im jährlichen Kleinkunstabend brilliert er als „Inländerbeauftragter“.

Jede:r hat eine Berufung

Das universale Apostolat ist Pallottis Markenzeichen. Pallotti durchdringt mit dem Verstand und ganzer Kraft, was es bedeutet, dass wir alle Ebenbilder Gottes sind. Diese Ebenbildlichkeit ist für ihn der Grund, dass jede:r eine Berufung hat. Wir alle sind berufen Apostel:in zu sein, Bo:tin Gottes in die Welt. Mehr noch. Und nicht nur das: Jeder Mensch ist einzigartig und hat von Gott seine besondere Berufung, seine besondere Gaben erhalten – im Dienst für andere.. Wer die Berufung zulässt und aktiv umsetzt, erlebt, wie sich eine tiefe Sehnsucht im eigenen Innern erfüllt.

Ob Computerspezialist:in oder Handwerker:in, ob Lehrer:in oder Reinigungskraft – jeder Beruf kann erfüllend als geistliche Berufung gelebt werden. Wie, das erklären Lissy Eichert, Kalle Lenz und Gefängnis-Seelsorgerin Stephie Kersten in untenstehendem Video.

Halt suchen, Halt finden

In der Bildungsstätte JACK lernen schutzbedürftige, geflüchtete Frauen die Sprache, um sich in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen.

Mit dem Projekt ‚Essen ist fertig‘ gelang es, schnell auf die Corona-Pandemie zu reagieren und im Kiez eine frisch zubereitete, warme Mahlzeit für Arme und Bedürftige anzubieten. Die Idee der Lebensmittelgutscheine, die Pallotti auf den Weg gebracht hatte, könnte im kommenden Herbst auch für uns den Zusammenhalt stärken.

Endlich finanziert: ein gebrauchter Transporter. Das Bau & Reno-Team wird weiter bedürftigen Menschen zur Seite stehen, die mit frisch gemachter Wohnung einen Aufbruch ins neue Leben wagen.

Bei Pallotti-Mobil e.V. haben wir uns Vinzenz Pallotti als Vorbild genommen. Auch bei uns geht die Hingabe schon mal aufs Material: So scheint ganz aktuell unser heiß und innig geliebter, blauer Kastenwagen bald den Geist aufzugeben. Noch aber hält er tapfer durch. Liegenbleiben ist keine Option. Trotzdem, das Klappern und Ruckeln lässt uns einen Spendenaufruf vorbereiten. Wir hoffen, so entweder die Reparatur oder gar ein neues Pallotti-Mobil finanzieren zu können. Ein E-Mobil wäre wunderbar!

“Sempre più!”

(Vinzenz Pallotti)

GOTT als Unendlichkeitszeichen

„Vinzenz Pallotti hatte ein klasse Gottesbild. Das Unendlichkeitszeichen der Mathematik war sein Lieblingszeichen für Gott: dass Gott unendlich ist. Aber unendliche Liebe. Und unendliche Barmherzigkeit. Ihm war ein Glaube mit Hand und Fuß wichtig, der wirklich sozial tätig ist.“

Kalle Lenz SAC

Pallotti pflegte in seine Briefe und Notizen oft das Unendlichkeitszeichen einzuzeichnen.
„Mit Gott, da geht noch was!“ Das versichert uns schon die Bibel. Sie ist eine Quelle von Trost und Orientierung. Mit Worten, die an persönlichen Grenzen und in schweren Zeiten neu herausfordern, immer auch ermutigen. Ein für uns oft relevantes Wort, steht beim Evangelisten Lukas: „Denn für Gott ist nichts unmöglich“ ( Lk 1,37). Deshalb: Sempre più – immer mehr!

Typisch Pallotti

Gibt es etwas, was besonders ‚typisch Pallotti‘ ist bei Pallotti-Mobil e. V.? Vorstandsmitglied Kalle Lenz sagt: „Die bunte Mischung der Leute. Katholisch heißt ja universal. Und ich finde es ganz toll, dass wir so eine bunte Truppe von Menschen, von Nationalitäten, von Geschichten und von sozialen Herkünften sind – dass Pallotti-Mobil e.V. eine ganz bunte Zusammensetzung ist.“ Und er fügt hinzu: “Es bereichert und überwindet Vorurteile, wenn geflüchtete Menschen Deutsche kennen lernen, die zu wenig Geld haben und wenn Deutsche die Lebens- und Leidensgeschichte von Eingewanderten persönlich erfahren.“
1963, über hundert Jahre nach seinem Tod, wurde Vinzenz Pallotti heiliggesprochen. Aber schon zu Lebzeiten war er für die Menschen in Rom ‚Il Santo‘ – der Heilige.

Fotos: W. Gebhardt, Fotos “Schuhe Pallottis” & “Gemälde Pallotti”: Pallottiner (SAC), Foto “Transporter”: Pallotti-Mobil e. V.
Texte: L. Eichert / W. Gebhardt